§ 14 Sachliche und örtliche Zuständigkeit, Verordnungsermächtigung
- 1. Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien oder
- 2. Rechtsstreitigkeiten, die von den nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten geltend gemacht werden,
Vorrangige Regelungen - Internationale Zuständigkeit
Die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit sind im Rahmen des Anwendungsbereichs vorrangig. Diese können in Staatsverträge (LugÜ II = Norwegen, Schweiz, Island und Dänemark) oder im Unionsrecht (EuGVVO) enthalten sein. Liegen keine vorrangigen Regelungen vor, dann ist § 14 UWG anzuwenden (siehe OLG Düsseldorf WRP 2020, 88, Rn. 4, dort lag der Sitz des Verletzers in den USA).
Keine ausschließliche Zuständigkeit (mehr)
Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Gerichtsstände des § 14 Abs. 2 UWG n.F. entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht ausschließlich sind (so aber auch ohne nähere Begründung Feddersen, a.a.O., § 14 Rn. 7). Die Ausschließlichkeit der Gerichtsstände des § 14 UWG a.F. wurde aus den Worten „außerdem nur“ hergeleitet (Köhler/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 14 Rn. 1). Das Wort „nur“ fehlt bewusst in der Neufassung; der Gesetzgeber wollte damit ausdrücklich erreichen, dass die in Abs. 2 genannten Gerichtsstände nicht mehr ausschließlich und damit nunmehr einer Vereinbarung oder einer rügelosen Einlassung zugänglich sind (BT-Drs. 19/12084 S. 35); daran hat sich durch die von dem Regierungsentwurf abweichende Formulierung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages nichts geändert.
Dies hat zur Folge, dass Gerichtsstandsvereinbarungen und auch eine rügelose Einlassung (§§ 38ff ZPO) zu beachten sind und daher den Gerichtsstand begründen können.
Problem: Gilt die Einschränkung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UWG, wenn die beanstandete Werbung nur in Telemedien erscheint
Ob die Auffassung zutrifft, wonach die Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. nur dann eingreift, wenn die beanstandete Werbung nur in Telemedien erscheint (so Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl.,§ 14 Rn. 21), bedarf hier keiner Entscheidung.
Sperrwirkung des § 260 ZPO
Jedenfalls in den Fällen, in denen die angegriffenen Aussagen unterschiedlich sind und Gegenstand gesonderter Anträge sind, mithin unterschiedliche Streitgegenstände darstellen, bleibt es bei der Regel des § 260 ZPO, wonach mehrere Anträge bei demselben Gericht nur dann zusammen anhängig gemacht werden können, wenn dieses Gericht für sämtliche Ansprüche zuständig ist. Eine Zuständigkeit kann auch nicht auf einen Sachzusammenhang mit den übrigen Anträgen begründet werden. Die Vorschrift des § 260 ZPO lässt einen Sachzusammenhang hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit nicht ausreichen. Es fehlt auch an einem Bedürfnis dafür, da der allgemeine Gerichtsstand für sämtliche Anträge zur Verfügung steht; insoweit besteht auch kein Widerspruch dazu, dass zusammengehörige Beanstandungen möglichst in einem Verfahren geltend gemacht werden sollen.
Diese Ansicht des OLG Düsseldorf hat zur Folge, dass bei Offline- und Online-Verstöße in zwei Verfahren unterschiedlichen Verfahren geltend gemacht werden müssen, sofern der Offline-Verstoß nicht am Gerichtsstand des Unternehmens begangen wurde.
Problem: Einschränkende Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 3 UWG
Landgericht Düsseldorf: § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG erfasse nur Verstöße gegen internetspezifische Kennzeichnungsvorschriften. Andere Auffassung vertritt das OLG Düsseldorf. Die Gründe sind nachfolgend wiedergegeben:
Gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des – auf das vorliegende Verfahren im Hinblick auf seine Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs – anwendbaren § 14 Abs. 2 UWG n.F. bestehen erhebliche Bedenken. 30
Der Wortlaut enthält die vom Landgericht vorgenommene Einschränkung nicht. Diese lässt sich auch nicht mit Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigen. Hintergrund der Änderung der Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit waren vom Gesetzgeber angenommene Unzuträglichkeiten. Der Entwurf sah diese vor allem bei der Verfolgung lauterkeitsrechtlicher Verstöße im Internet (BT-Drs. 19/12094 S. 35), die eine Vielzahl von Gerichtsständen zur Folge habe. Die Bemerkung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 19/19/22238 S. 18) bezieht sich hierauf. Der Missstand wurde bei der Verfolgung im Internet begangener Verstöße gesehen; Einschränkungen auf bestimmte im Internet begangene Verstöße ergeben sich hieraus dagegen nicht.
31Hinzu kommt der Vergleich mit der engeren Formulierung in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F. Dort findet sich die – in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. fehlende – Einschränkung „gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten“. Der Gesetzgeber hat dazu ausgeführt (BT-Drs. 19/12084 S. 32): „Es muss sich nicht um spezifische Informations- und Kennzeichnungspflichten im Online-Handel oder auf Webseiten handeln, sondern es ist ausreichend, dass die Verstöße in diesem Bereich auftreten.“ Als Beispiel nennt der Gesetzgeber Verstöße gegen die – nicht internetspezifische - Preisangabenverordnung. Bereits von daher lässt sich die vom Gesetzgeber für eine Bestimmung, die sogar eine ausdrückliche Einschränkung (Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet) enthält, abgelehnte weitere Einschränkung erst recht nicht auf eine Bestimmung übertragen, die eine solche Einschränkung nicht einmal ansatzweise enthält.
32Eine teleologische Einschränkung verbietet sich auch deswegen, weil dem Gesetzgeber mögliche Einschränkungen vor Augen standen, er diese aber nicht übernommen hat. In § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG hat er eine (allerdings auch nur begrenzte) Einschränkung vorgenommen. Die GRUR hatte im Vorfeld Einschränkungen bei der Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes bei Verstößen gegen bestimmte Kennzeichnungs- und Informationspflichten vorgeschlagen (GRUR 2019, 59). Auch in der Sachverständigenanhörung am 23. Oktober 2019 vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages sind verschiedentlich in diese Richtung gehende Einschränkungen vorgeschlagen worden. Der Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis dieser Möglichkeiten eine Einschränkung gerade nicht vorgenommen. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass eine derartige Einschränkung gerade nicht gewollt war.
33Die von der Antragstellerin angesprochenen Äußerungen des Abgeordneten Jung im Deutschen Bundestag (Plenarprotokoll 19/173) – auf die auch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151 Rn. 36 verweisen - lassen eine Beschränkung des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. auf internetspezifische Kennzeichenpflichten nicht erkennen; eine Beschränkung der Vorschrift auf die Verletzung von Informations- und Kennzeichnungspflichten, auf die er Bezug nimmt, hat – anders als in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG – im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden und sind daher unmaßgeblich (vgl. BGH GRUR 2019, 970 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater – Rn. 64 ff., 66).