§ 10 Vermutung der Urheber- oder Rechtsinhaberschaft
(2) Ist der Urheber nicht nach Absatz 1 bezeichnet, so wird vermutet, daß derjenige ermächtigt ist, die Rechte des Urhebers geltend zu machen, der auf den Vervielfältigungsstücken des Werkes als Herausgeber bezeichnet ist. Ist kein Herausgeber angegeben, so wird vermutet, daß der Verleger ermächtigt ist.
(3) Für die Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte gilt die Vermutung des Absatzes 1 entsprechend, soweit es sich um Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt oder Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden. Die Vermutung gilt nicht im Verhältnis zum Urheber oder zum ursprünglichen Inhaber des verwandten Schutzrechts.
Kommentierung
Allgemeines
Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen (§ 10 Abs. 1 Halbsatz 1 UrhG); dies gilt auch für eine Bezeichnung, die als Deckname oder Künstlerzeichen des Urhebers bekannt ist (§ 10 Abs. 1 Halbsatz 2 UrhG). Die Regelung ist gemäß § 72 Abs. 1 UrhG bei Lichtbildern entsprechend anwendbar. Demnach wird derjenige, der auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Lichtbildes in der üblichen Weise als Lichtbildner angegeben ist, bis zum Beweis des Gegenteils als dessen Lichtbildner angesehen; dies gilt auch für eine Bezeichnung, die als Deckname oder Künstlerzeichen des Lichtbildners bekannt ist (BGH, Urteil vom 18.09.2014 -I ZR 76/13 - CT-Paradies = JurPC Web-Dok. 35/2015, Abs. 1 - 80).
"erschienen"
Es kann daher dahinstehen, ob ein Werk bereits dann im Sinne von § 10 Abs. 1 UrhG erschienen ist, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 UrhG) im Internet zum Herunterladen bereitgehalten wird oder jedenfalls dauerhaft öffentlich zugänglich ist (vgl. A. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 6 UrhG Rn. 21; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 6 UrhG Rn. 63; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 6 Rn. 16; Marquardt in Wandtke/Bullinger aaO § 6 UrhG Rn. 29, jeweils mwN; aA Katzenberger in Schricker/Loewenheim aaO § 6 Rn. 56; Schack, GRUR 2007, 639, 644 f., jeweils mwN). (BGH, Urteil vom 18.09.2014 -I ZR 76/13 - CT-Paradies = JurPC Web-Dok. 35/2015, Abs. 1 - 80).
Es kann ferner offenbleiben, ob auf die Voraussetzung des Erscheinens des Werkes bei richtlinienkonformer Auslegung des § 10 Abs. 1 UrhG zu verzichten ist, weil diese Vorschrift der Umsetzung von Artikel 5 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums dient und Artikel 5 der Richtlinie 2004/48/EG kein Erscheinen des Werkes verlangt (OLG Hamm, MMR 2012, 119, 120; LG Frankfurt a.M., CR 2008, 534; Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 10 Rn. 7; A. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 10 Rn. 1, 9 und 15; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 10 Rn. 6a; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 10 UrhG Rn. 10; Spindler/Weber, ZUM 2007, 257, 258; GRUR-Stellungnahme, GRUR 2006, 483, 484 und GRUR 2007, 856; aA Thum in Wandtke/Bullinger aaO § 10 UrhG Rn. 17; Grünberger, GRUR 2006, 894, 900)
(BGH, Urteil vom 18.09.2014 -I ZR 76/13 - CT-Paradies = JurPC Web-Dok. 35/2015, Abs. 1 - 80).
"in üblicher Weise"
(1) Eine Person ist nur dann in der üblichen Weise auf dem Vervielfältigungsstück eines Werkes als Urheber bezeichnet, wenn die Bezeichnung zum einen an einer Stelle angebracht ist, wo bei derartigen Werken üblicherweise der Urheber angegeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 I ZR 142/06, GRUR 2009, 1046 Rn. 28 = WRP 2009, 1404 Kranhäuser, mwN), und die Bezeichnung zum anderen inhaltlich erkennen lässt, dass sie den Urheber dieses Werkes benennt (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 8 f.; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 10 UrhG § 10 Rn. 16; Ahlberg in Ahlberg/Götting, BeckOK UrhR, Stand: 1. Juli 2014, § 10 UrhG Rn. 26). Für die Bezeichnung einer Person als Lichtbildner gelten diese Voraussetzungen entsprechend.
(2) Das Berufungsgericht hat festgestellt, die vom Kläger auf seiner Internetseite eingestellten Lichtbilder seien mit der Angabe „CT-Paradies" bezeichnet gewesen. Es hat allerdings nicht festgestellt, wo diese Bezeichnung angebracht war. Für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz ist daher zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass sie dort angebracht war, wo sich bei solchen Lichtbildern üblicherweise die Bezeichnung des Lichtbildners befindet.
(3) Die Angabe „CT-Paradies" lässt jedoch inhaltlich nicht erkennen, dass sie den Kläger als Lichtbildner der Fotografien bezeichnet.
Das ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht schon daraus, dass es sich bei dieser Bezeichnung nicht um den (bürgerlichen) Namen, einen Decknamen oder ein Künstlerzeichen des Klägers handelt. Auch andere Angaben können inhaltlich erkennen lassen, dass sie den Urheber eines Werkes oder den Lichtbildner eines Lichtbildes bezeichnen (vgl. zu Initialen BGH, Urteil vom 14. Juli 1993 I ZR 47/91, BGHZ 123, 208, 213 f. Buchhaltungsprogramm).
Die Angabe „CT-Paradies" bezeichnet den Kläger jedoch deshalb nicht in der üblichen Weise als Lichtbildner der Fotografien, weil der Verkehr darin nicht die Angabe einer natürlichen Person sieht. Voraussetzung einer Urheberbezeichnung ist nicht nur, dass die fragliche Bezeichnung tatsächlich einer natürlichen Person zuzuordnen ist, sondern auch, dass sie vom Verkehr als Hinweis auf eine natürliche Person verstanden wird. Nach dem Schöpferprinzip (§ 7 UrhG) kann nur eine natürliche Person Urheber oder Lichtbildner sein (vgl. zum Lichtbildner Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 72 UrhG Rn. 35; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 72 Rn. 32 f., jeweils mwN). Eine Angabe vermag daher nur dann die Vermutung der Urheberschaft oder der Lichtbildnerschaft (§ 10 Abs. 1 UrhG) zu begründen, wenn der Verkehr darin die Bezeichnung einer natürlichen Person erkennt. Weist die Angabe dagegen auf eine juristische Person hin, kommt für diese nur die Vermutung der Ermächtigung (§ 10 Abs. 2 UrhG) oder der Rechtsinhaberschaft (§ 10 Abs. 3 UrhG) in Betracht (vgl. Schulze in Dreier/Schulze aaO § 10 Rn. 8).
Der Kläger verkauft unter der Bezeichnung „CT-Paradies" sogenannte „Cherished Teddies". Er benutzt diese Angabe damit im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung seines Geschäftsbetriebs oder seines Unternehmens (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Zwar sind auch die Firma eines Einzelkaufmanns oder die Geschäftsbezeichnung eines Einzelunternehmers einer natürlichen Person zuzuordnen und daher grundsätzlich geeignet, den Urheber eines Werkes zu bezeichnen. Voraussetzung für die Annahme einer Urheberbezeichnung ist jedoch, dass der Verkehr in einer solchen Bezeichnung einen Hinweis auf eine natürliche Person sieht (vgl. LG Frankfurt a.M., ZUM-RD 2009, 22, 23). Die Bezeichnung „CT-Paradies" erfüllt diese Voraussetzung nicht. Ihr ist nicht zu entnehmen, dass es sich dabei um die Bezeichnung einer natürlichen Person handelt. (BGH, Urteil vom 18.09.2014 -I ZR 76/13 - CT-Paradies = JurPC Web-Dok. 35/2015, Abs. 1 - 80)