Der Agenturvertrag
1. Der Agenturvertrag
1.1. Der Vertragsabschluss
Der Abschluss eines Agenturvertrages ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Schriftform wird jedoch dringend empfohlen, da sich nur so der Inhalt des Vertrages und damit die beiderseitigen Rechten und Pflichten nachvollziehen und gegebenenfalls auch beweisen lassen.
1.2. Der Vertragsinhalt
In einem Vertrag zwischen einer Agentur und einem Kunden sollen alle wesentlichen Leistungen der Parteien und ihre beiderseitigen Rechte und Pflichten festgelegt werden. Dazu gehört die Beschreibung der gegenseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere die Beschreibung der erwarteten Agenturleistungen (z.B. Public Relation, Produktentwicklung, Produktberatung, Strategische Beratung bei der Verkaufsförderung etc.). Eine unvollständige bzw. falsche Beschreibung der Leistungen kann Nachforderungen einer Agentur begründen.
Der BGH hat z.B. entschieden, dass eine Agentur nachträgliche Zahlung eines Honorars für die Erstellung eines PR-Konzeptes verlangen kann, da in dem Vertrag nur die Rede von der „generellen strategischen Marketing-Beratung sowie der Planung, Gestaltung und der agenturmäßigen Durchführung der Werbung und Verkaufsförderung ..“ war, die Entwicklung von PR-Maßnahmen sei davon nicht erfasst – und deswegen neben der Pauschale für den Full-service-Vertrag zusätzlich zu vergüten ( BGH vom 24.04.1986, WRP 1986,655 ).
2. Mögliche Leistungen der Agentur
Zu den von einer Agentur erwarteten Leistungen kann z.B. gehören die Werbevorbereitung, die Analyse der Marktposition und der Konkurrenzsituation der zu betreuenden Produkte, die Werbeberatung, - gestaltung, - planung und – einschaltung, die Werbemittelherstellung, Research, Corporate Design, Spezialtexte etc.).
2.1 Pflichten der Agentur
Zu den Pflichten einer Agentur können das Briefing mit Verpflichtung zur Zusammenfassung in schriftlicher Form innerhalb einer bestimmten Frist, die Pflicht zur Einholung von Kostenvoranschlägen, die Angabe der Kosten bei Änderung auf Kundenwunsch etc. gehören.
2.2 Pflichten des Kunden
Pflichten des Kunden können sein z.B. Angaben zum Budget, Bestätigung der Zusammenfassung von Briefinggesprächen, Pflicht zur Lieferung von Informationen, Freigabepflichten etc..
3. Wichtige rechtliche Fragen, die in jedem Vertrag angesprochen werden sollten
Die Frage der Verantwortlichkeit für wettbewerbsrechtliche Richtigkeit, die Freistellung von Ansprüchen Dritter durch die Agentur, die Regelung des Umfangs des Nutzungsrechtes, der räumliche und zeitliche Geltungsbereich von Nutzungsrechten z.B. Deutschland, Frankreich, EU, der mediengegenständlicher“ Geltungsbereich ( z.B. Nutzung als Anzeige, in TV - Spot,. in Broschüre etc.), wieviele Entwürfe in der pauschalen Vergütung enthalten sind.
4. Regelungen bei Ende des Vertrages
Wer trägt die Herausgabe - bzw. Aufbewahrungspflicht für Unterlagen, soll daran ein Zurückbehaltungsrecht bestehen? Wem gehören die Daten ? Nach geltender Rechtsprechung steht das Eigentum an dem Datenträger als dem Mittel zur Auftragsdurchführung der Agentur zu, wenn nichts anderes vereinbart wurde bzw. sich aus den Umständen ergibt. Ob die von der Agentur geleistete Arbeit nach Vertragsende weiterbenutzt werden darf, hängt davon ab, was diesbezüglich im Vertrag steht. Enthält dieser keine Regelung, kommt es auf die Umstände an. ERrgibnt sich auch daraus nichts, kann die Agenturleistung nach Beendigung des Vertrages nicht mehr benutzt werden.
5. Agenturvertrag: Werk- oder Dienstvertrag ?
Die Rechte und Pflichten der Parteien eines Agenturvertrages hängen auch davon ab, um welchen Vertragstypus es sich im konkreten Fall handelt. Verträge zwischen Kunde und Agentur sind in der Regel Dienst – oder Werkverträge. Welcher Vertragstyp vorliegt, hat ein Gericht zu entscheiden.
Ein Dienstvertrag ist nach seinem gesetzlichen Leitbild nur auf die Erbringung einer Leistung in der Form einer Beratung gerichtet, der Werkvertrag dagegen auf die Erbringung eines Werkes, eines Erfolges. Die Bezeichnung eines Vertrags als Dienst- oder Werkvertrag ist nur ein Indiz für den Charakter eines Vertrages.
Nach diesen Kriterien sind z.B. als Dienstvertrag einzuordnen die Entwicklung einer Kampagne und die allgemeine werbliche Beratung, als Werkvertrag sind dagegen die Herstellung eines Prospektes oder die Schaltung einer Anzeige. Häufig treten auch Mischformen auf.
6.1 Ansprüche beim Dienstvertrag
Beim Dienstvertrag stehen dem Kunden im Grunde keine Gewährleistungsrechte zu. Die Agentur muß nicht dafür einstehen, daß die von ihr empfohlene Werbung dem Kunden den gewünschten Erfolg bringt. Deswegen haftet die Agentur auch nicht für den Erfolg einer Kampagne ( OLG München NJW RR 1996, 628 ).
6.2 Die Ansprüche des Kunden beim Werkvertrag
Beim Werkvertrag dagegen wird der Erfolg geschuldet. Liegt ein Werkvertrag vor, so hat der Kunde genaue Regeln zu beachten, wenn das Ergebnis nicht dem Vertrag entspricht. Zunächst hat er den Mangel konkret und genau zu rügen ( z.B. : "... auf S. 5..des Prospektes entspricht der Rand links nicht der im Angebot angegebenen Breite..." ). Je präziser eine Mängelrüge ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten. Weiter ist dem Auftragnehmer, also der Agentur, eine Frist zu setzen und zu erklären, daß innerhalb dieser Frist der Mangel zu beseitigen ist, daß sie also "nachbessern" muß und daß nach Ablauf dieser Frist die Abnahme verweigert wird.
Ist die Beseitigung des Mangels, also die Nachbesserung, nicht möglich oder war sie nicht erfolgreich, so kann der Vertrag rückgängig gemacht oder Minderung des Entgeltes oder Schadensersatz verlangt werden.
7. Feststellung des Honorars bei fehlender Vereinbarung
War das Honorar nicht oder nicht fest vereinbart, so wird ein Gericht einen „öffentlich bestellten und vereidigten“ Sachverständigen für die Ermittlung der nach dem Gesetz auf jeden Fall zu zahlenden "ortsüblichen Vergütung" heranziehen (Adressen bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer). Dieser ermittelt dann das in der Stadt, dem Land oder im ganzen Bundesgebiet für derartige Leistungen üblicherweise gezahlte Honorar. Häufig werden auch Verbände der jeweiligen Berufsgruppen, von diesen aufgestellte Vergütungsrichtlinien (z.B. für Fotografien die „Mittelstandsempfehlungen der Fotografen“ s. z.B. www.berufsfotografen.de). Nach dem Urheberrechtsgesetz (§ 32-34) ist der Auftraggeber zur Zahlung eines „angemessenen“ Honorars verpflichtet.
8. Die Beendigung der Vertragsbeziehung
8.1 Die Beendigung des Dienstvertrages
Der Dienstvertrag endet durch Zeitablauf oder durch fristlose Kündigung, für die allerdings ein wichtiger Grund vorliegen muß. Die Kündigung eines Dienstvertrages ist vor Ablauf der vereinbarten Frist nur möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. .
Für längerfristig geschlossene Dienstverträge gibt es eine Besonderheit. Sind sie auf eine längere Frist als fünf Jahre abgeschlossen, so ist dem Verpflichteten - also beim Vertrag zwischen Agentur - Kunde der Agentur - die Kündigung nach Ablauf von fünf Jahren mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten auf jeden Fall möglich, unabhängig von der vereinbarten Dauer des Vertrages. Für den Kunden, gibt es dagegen diese Möglichkeit nicht. Allerdings wird es selten Verträge von so langer Dauer zwischen Agentur und Kunde geben. Denkbar - und nicht selten - ist jedoch eine solche lange Frist dann, wenn etwa der ausgeschiedene Agenturinhaber durch einen Beratervertrag mit seiner bisherigen Agentur auf diesem Weg am Wettbewerb mit seiner alten Agentur gehindert werden soll.
8.2 Die Beendigung des Werkvertrages
Der Werkvertrag endet mit Erbringung der vereinbarten Leistung. Die Auflösung eines Werkvertrages vor Eintritt des Erfolges, also in der Regel vor Abnahme, z.B. vor Übergabe des Filmspots, vor Fertigstellung des Prospektes, des Anzeigensujets etc. durch den Kunden ist zwar gesetzlich jederzeit möglich, doch kann die Agentur dennoch die vereinbarte Vergütung verlangen. Allerdings muß sie sich anrechnen lassen, was sie sich wegen der Aufhebung an Aufwendungen erspart bzw. durch anderweitige Verwendung der Arbeitskraft erworben hat.
9. Rechtspflichten beim Ende einer Vertragsbeziehung
9.1 Herausgabepflicht des Auftragnehmers
Beim Ende einer Vertragsbeziehung ist vom Auftragnehmer - der Agentur - alles herauszugeben, was er zum Zweck der Durchführung des Auftrages erhalten hat, also z.B. Unterlagen, Demonstrationsstücke, Akten etc.. Herauszugeben ist aber auch all das, was der Beauftragte aus der Durchführung des Auftrages erhalten hat, also Akten, Fotographien, Geräte u.v.m. bis hin zum Schmiergeld, das - aus welchen Gründen auch immer - im Zusammenhang mit dem Auftrag an den Beauftragten bezahlt wurde.
9.2 Zurückbehaltungsrecht
Nach Auslaufen eines Vertrages kann sich die Frage stellen, ob der Agentur ein Zurückbehaltungsrecht an Unterlagen des Kunden zusteht, wenn dieser fällige Vergütungen noch nicht bezahlt hat. Dies ist grundsätzlich der Fall. Allerdings kann wegen eines geringen Restbetrages nicht eine Leistung zurückgehalten werden, die für den Kunden von ganz wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil er ohne die fehlende Unterlage eine ganze Kampagne nicht fortsetzen kann. Zur Vermeidung von Missverständnissen empfiehlt sich eine klare Regelung schon im Agenturvertrag.
Davon zu trennen ist die Frage, ob die von einer Agentur entwickelte Kampagne wegen noch ausstehender Forderungen nach Vertragsende vom Kunden weiter genutzt werden darf.
10. Haftung für die ( wettbewerbs- )rechtliche Richtigkeit einer Werbemaßnahme
Bereits im Jahr 1973 hat der Bundesgerichtshof (NJW 1973,1688) entschieden, daß eine Werbeagentur dafür einstehen muß, wenn sie ihren Kunden nicht auf die Wettbewerbswidrigkeit einer Kampagne hinweist. Die Agentur hatte im Rahmen eines pauschalen Beratungsvertrages einen Wettbewerb beworben, an dem diejenigen teilnehmen konnten, die aus einer vom Kunden hergestellten Selbstklebefolie gefertigte Bastelarbeiten einsandten. Der BGH war der Meinung, daß die Agentur den Kunden auf die Wettbe- werbswidrigkeit wegen des in der Aktion enthaltenen unzulässigen psychischen Kaufzwanges hätte hinweisen müssen und wegen der Vernachlässigung dieser Hinweispflicht auf Schadenersatz hafte.
10.1 Schadensersatz
Die Agentur ist dem Kunden zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie ihn auf rechtliche Risiken nicht hingewiesen hat. Allerdings muß der Kunde beweisen, dass der Schaden durch den fehlenden Hinweis eingetreten ist. Der Kunde muß weiter die Höhe seines Schadens beweisen, ein in der Regel nicht einfaches Unterfangen.
© Dr. Peter Schotthöfer