Präsentation („pitch„) einer Werbeagentur – die rechtlichen Aspekte
Der Kampf um Werbeetats ist für Agenturen oft mit hohem Aufwand und Kosten verbunden. Eine Präsentation kann mehrere 10.000 € kosten. Wird dann der Zuschlag nicht erteilt und finden sich später die eigenen Ideen und Slogans dennoch im Werbeauftritt des Kunden kommt die Frage auf, ob man sich dagegen nicht hätte schützen können.
Ein Urteil des LG Mannheim zeigt dies deutlich:
Eine Werbeagentur hatte um den Etat der Buchhandelskette Thalia gepitched. Sie schlug verschiedene Werbemaßnahmen sowie den Slogan „Thalia verführt zum Lesen" vor. Die Kette lehnte ab, verwendete jedoch den Slogan und setzte einige Vorschläge um. Die Agentur klagte auf Schadenersatz und entgangenem Honorar mit der Begründung, der von ihr entwickelte Slogan sei urheberrechtlich geschützt und es seien, Teile ihrer Konzepte übernommen worden. Das LG Mannheim wies die Klage der Agentur auf Zahlung von circa 40.000 € als Schadenersatz ab.
Die Richter waren der Meinung, Werbeslogans könnten als Sprachwerke zwar grundsätzlich Schutz genießen. Dafür sei aber eine gewisse Gestaltungshöhe erforderlich, die bei dem Slogan „Thalia verführt zum Lesen" nicht erreicht sei. Die Kette habe auch lediglich Ideen aus der Präsentation übernommen, nicht jedoch deren konkrete Ausgestaltung. Schließlich führe auch das Argument der unzulässigen Übernahme von Vorlagen nicht zu einem anderen Ergebnis, da Werbeslogans nicht als Vorlage bezeichnet werden könnten (LG Mannheim GRUR-RR 2010, 462).
Eine Präsentation birgt eine Reihe rechtlicher Fragen:
- Darf eine Präsentation kostenlos erbracht werden?
- Dürfen Vorschläge aus der Präsentation übernommen werden, auch wenn der Auftrag nicht erteilt wurde?
- Ist für die Präsentation ein Honorar zu bezahlen, wenn nichts vereinbart war?
Vergütung ohne Vereinbarung?
Der für beide Seiten, Agentur und Kunde, sicherste Weg ist es, all diese Fragen in einer Präsentationsvereinbarung zu regeln. Darin sollte festgelegt werden, ob ein Honorar bezahlt wird, ob Kosten erstattet werden und ob der Kunde Teile der Präsentation verwenden darf. Allerdings wird es dazu wohl nur in seltenen Fällen kommen. Zwar sagt dann das Gesetz, dass eine Vergütung als stillschweigend vereinbart anzusehen sei, wenn die Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sei. In diesem Fall gelte dann die „ortsübliche Vergütung". Bei Präsentationen werden die Gerichte aber dazu tendieren, dass eine derartige Verkehrssite nicht bestehe (so OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 931: keine Vergütungspflicht, auch wenn Vorarbeiten kostenintensiv ). Wesentliches Indiz dürfte es sein, in wessen Interesse die Präsentation erfolgte. Das wird in den allermeisten Fällen die Agentur sein.
Können Leistungen der Agentur ohne Vereinbarung übernommen werden?
Wurde keine Präsentationsvereinbarung geschlossen, gelten die allgemeinen gesetzlichen Regelungen. Das ist in erster Linie das Urheberrechtsgesetz. Die Agentur ist dann vor einer unberechtigten Übernahme ihrer Leistungen geschützt, wenn diese urheberrechtlichen Schutz genießen. Geschützt sein können Texte (auch Slogans), Grafiken, Filme, Musik, Fotos , auch Kampagnen.
Wenn diese Leistungen die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, dürfen sie nur dann von dem Kunden übernommen werden, wenn die Urheber bzw. die Agentur damit einverstanden sind. Liegt eine solche Genehmigung nicht vor, wird das Urheberrecht verletzt. Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz sind die rechtliche Folge.
Wann ist eine Leistung der Agentur urheberrechtsfähig?
Allerdings ist es nicht ganz einfach zu beurteilen, ob die Leistung einer Agentur diesen urheberrechtlichen Schutz genießt. Grundsätzlich fallen unter den Schutz des Urheberrechts nach der Rechtsprechung „handwerksmäßige“ oder „nicht über dem Durchschnitt liegende" Leistungen. Wann nun eine Leistung nur "handwerksmäßig" ist oder „nicht über dem Durchschnitt liegt", muss in jedem Einzelfall konkret ermittelt werden und ist im Vorhinein schwer zu beurteilen. Eine verbindliche Entscheidung darüber kann letztendlich nur ein Gericht treffen.
Kein Schutz für Ideen
Nicht geschützt sind bloße Ideen, also Vorstellungen, die noch keine konkrete Gestalt erlangt haben. Die Idee beispielsweise auf Kanaldeckeln Werbung anzubringen, kann von jedermann aufgegriffen und auf seine Weise in die Tat umgesetzt werden. Der konkrete mit Werbung versehene Kanaldeckel ist dagegen uU geschützt. Nicht geschützt sind auch geistige Leistungen („Werke"), deren Schutzfrist abgelaufen ist. Wer das Bildnis von Albrecht Dürers Mutter aus dem Jahre 1514 zu Werbezwecken verwenden möchte, kann daran von niemanden gehindert werden. Der Schutz des Urheberrechtes endet 75 Jahre nach dem Tod des Urhebers.
Außer durch das Urheberrecht können geistige Leistungen als Patente (für technische Erfindungen), als Gebrauchs – bzw. Geschmacksmuster ( z.B. Design) und als Marken geschützt sein. Dieser Schutz setzt allerdings die Anmeldung (als Patent, Marke, Geschmacksmuster) voraus sowie deren Eintragung in das jeweilige Register und ist mit Kosten verbunden.
Übernahme urheberrechtlich geschützter Leistungen ohne Genehmigung
Werden in einer Präsentation urheberrechtlich geschützte Arbeiten vorgestellt, darf der Kunde diese ohne Genehmigung der Agentur nicht übernehmen und schon gar nicht in seiner Werbung einsetzen. Geschieht dies dennoch, hat die Agentur einen Anspruch auf Unterlassung (kann also zum Beispiel die Werbung mit dieser Arbeit unterbinden) und auf Schadenersatz (= die Vergütung für die Verwendung der Arbeit ohne Genehmigung). Die Höhe dieses Schadenersatzes hängt von der Dauer und dem Umfang der Nutzung ab.
Übernahme von Leistungen, die nicht urheberrechtlich geschützt sind
Genießen werbliche Arbeiten keinen Urheberrechtsschutz, kann ein Kunde sie ohne rechtliche Konsequenzen für eigene Zwecke verwenden.
Tipp:
Es empfiehlt sich, in den Präsentationsunterlagen einen Vermerk anzubringen, dass diese ausschließlich für die Verwendung in der Präsentation vorgesehen sind und ohne Genehmigung nicht weitergegeben werden dürfen. Unter Umständen kann ein Verstoß dagegen sogar strafbar sein.
Achtung: Die Agentur kann nie Urheber sein!
Es ist zu beachten, dass nur natürliche Personen Inhaber von Urheberrechten sein können. Es kann eine Agentur (unabhängig von ihrer Rechtsform) selbst keine Urheberrechte haben und deswegen auch keine Nutzungsrechte daran übertragen. Die Agentur muss daher schon im eigenen Interesse sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter, gleich ob freie oder feste, also die Urheber, ihr das Recht zur Nutzung dieser Arbeiten in wirksamer Form übertragen. Die Agentur kann die Arbeiten nur in dem Umfang nutzen, in dem das Recht dazu übertragen wurde. Hat ein Fotograf beispielsweise die Benutzung seines Fotos zum Einsatz in der Werbung erlaubt, darf es ohne weitere Genehmigung nicht in einem anderen Land, zum Beispiel in Österreich, eingesetzt werden.
Regelung in AGB möglich
Eine Agentur sollte entweder im Agenturvertrag oder in einem Einzelauftrag ihre Bedingungen ( z.B. auf der Rückseite des Auftragsbestätigungsschreibens ) festlegen, zumindest aber ein Hinweis mit der www.adresse anbringen, wo ihre Bedingungen im Internet eingesehen werden können, zu denen sie tätig wird.
Eine Klausel sollte lauten, dass alle in der Präsentation vorgestellten Arbeitsergebnisse geschützt sind, diese nicht ohne Genehmigung der Agentur verwendet werden und auch die Weitergabe an Dritte nicht erlaubt ist. Auch wenn obergerichtlich noch nicht entschieden ist, ob diese Klausel in Bezug auf die nicht urheberrechtsfähigen Leistungen wirksam ist, ist sie unbedingt zu empfehlen.
Vorschlag für eine Präsentationsvereinbarung
Eine Präsentationsvereinbarung sollte vor allem unbedingt folgende Fragen regeln
• Werden Aufwand und Kosten vom Kunden vergütet?
• Wenn ja, wie (pauschal? Nach Stundensätzen?)
• Verpflichtung der Agentur zur Verschwiegenheit
• Keine Weitergabe der Unterlagen an Dritte
• Option des Kunden für Übernahme einzelner Leistungen, wenn Zuschlag nicht erteilt wird
• In diesem Fall: Regelung der Übertragung der Nutzungsrechte in Bezug auf Umfang, Dauer und Zweck (für ein Produkt?)
• Klarstellung, dass das Eigentum an den übergebenen Unterlagen einschließlich an den Datenträgern bei der Agentur verbleibt
Übrigens: Kostenlose Präsentation kann ein Wettbewerbsverstoß sein
Eine kostenlose Präsentation kann einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen, wenn es in der Werbebranche allgemein als unüblich angesehen werden würde, kostenlos zu präsentieren. Das jedoch lässt sich nur sehr schwer belegen.Vereinzelt haben Gerichte aber durchaus auch in einer kostenlosen Präsentation einen Wettbewerbsverstoß gesehen.
© Dr. Peter Schotthöfer
Dr. Peter Schotthöfer